Muckermann-Passage brachte ihn zum Reden

Bückeburg/Oldenzaal. Als Vertreter der Katholischen Gemeinde Bückeburg St. Marien nahm jetzt Johannes Kersting an der Vorstellung der Erinnerungen von Hans Steinhage teil. Der 90-Jährige hatte 2007 in Bückeburg die Namensgebung der Muckermann-Passage vollzogen. Das Buch des 1919 geboren Häftlings Nr. 34735 im KZ Sachsenhausen wurde mithilfe der Familie, namentlich Hans van Harten und Piet Koulil, geschrieben. In der Einladung wird erwähnt, dass er lange Zeit nichts über die Kriegszeit erzählt hatte, aber sich das durch den Besuch der Kinder in Sachsenhausen und „en de uitnodiging om een Passage te oponen ter herdenking aan Friedrich Muckermann“ geändert hat.

In dem jetzt auf niederländisch vorliegenden Buch schreibt Hans Steinhage: „Ich habe Muckermann persönlich gekannt.“ Weiter schreibt er, dass er damals natürlich keine tief gehenden Gespräche mit ihm geführt hat, sondern Botengänge für ihn erledigte: „Ich musste für ihn so schnell wie möglich Kopien zur Druckerei bringen.“

Hintergrund der Verhaftungen Muckermanns und Steinhages Vater Josef war das Erscheinen der Zeitung „Der deutsche Weg“. Ab 1934 wurde das Organ in Oldenzaal vom Bückeburger Friedrich Muckermann und Josef Steinhage erstellt. Die freie Berichterstattung über die Vergehen der Nazis sorgte bei diesen für Unmut. Die deutsche Regierung versuchte mehrfach, das Erscheinen dieser Wochenzeitung zu verhindern. Ihre Eingaben bei der niederländischen Regierung, dem Jesuitenorden und beim Papst aber blieben erfolglos. So kam der Bückeburger Jesuit auf Fahndungsplakaten zum Titel „Staatsfeind Nr. 1“. Die Proteste führten aber zu einer Versetzung des Bückeburger Jesuiten, der Papst berief ihn 1936 in den Vatikan. Zudem wurde er 1938 ausgebürgert. Trotzdem schrieb er weiter Artikel für den DDW.

Josef Steinhage sorgte bis zum Einmarsch der Wehrmacht für Herstellung und Vertrieb. Die 2000 bis 3000 Exemplare gingen in etwa 40 Länder. Für Steinhage lag die Verhaftung durch die damaligen Machthaber in Deutschland auf der Hand. Er konnte aber in Amsterdam untertauchen, die Familie blieb. So wurden der Sohn Hans und die Tochter seine Schwester Mirz’l verschleppt. Der versprochene „Luftkurort“ entpuppte sich dann als KZ.

Im Buch kann man nun einiges von dem nachlesen, was Sohn Hans dort erlitten hat. Auf der Sonderseite der örtlichen Zeitung „De Twentsche Courant“ zum Erscheinen des Buches werden seine Jahre im KZ mit einer Fahrt in die Hölle verglichen: „Naar de hel en terug – in die Hölle und zurück“.

Bei einem Treffen in Oldenzaal im Jahre 2008 war die eigene Familie erstaunt darüber, wie freimütig Hans Steinhage über seine Zeit im KZ Sachsenhausen sprach. „Als wir Kinder waren, hat er nie darüber gesprochen“, bemerkte Tochter Annelies. Angesprochen auf seine Zeit im KZ, bekannte er damals: „Das belastet mich jetzt nicht mehr, dass waren nur fünf von 89 Jahren.“

Nach dem Eindruck von Johannes Kersting ist die Belastung durch die Beschäftigung mit dem Buch wieder zurückgekehrt. Als Hans Steinhage einen kurzen Abschnitt aus seinem Buch gelesen hatte, wirkte er sichtlich bewegt. Dass die Erstellung des Buches sogar seine körperliche Konstitution angegriffen hat, bestätigen auch die Angehörigen. „Noch vor zwei Wochen glaubten wir nicht, dass er an der Buchvorstellung teilnehmen könne“, berichtet Tochter Anneliese.

Bisher liegt das Buch nur in Niederländisch vor, soll aber in den kommenden Monaten von Mitgliedern von St. Marien ins Deutsche übersetzt werden.

Erinnerungen an Friedrich Muckermann: Hans Steinhage (v.l.) und Johannes Kersting mit dem Buch. Foto: pr. Artikel vom 09.03.2010 - 23.00 Uhr